Weibliche Sterilitätsursachen

Medizinisch muss man eine Sterilität (Unvermögen schwanger zu werden) von einer Infertilität (Frauen werden schwanger, haben aber wiederholte Fehlgeburten) abgrenzen. Die Ursachenforschung muss den klinischen Gegebenheiten entsprechend durchgeführt werden.
Im Folgenden werden mögliche weibliche Sterilitätsursachen und deren Häufigkeit erläutert.

Hormonelle Ursachen

(Häufigkeit ca. 30-40 % unter den rein weiblichen Sterilitätsursachen)

Das störungsfreie Funktionieren des sensiblen hormonellen Gefüges zwischen Zwischenhirn, Hirnanhangsdrüse und Eierstöcken ist für den reibungslosen ovariellen Zyklus wichtig. Hier wird, unter optimalen Bedingungen, während der fruchtbaren Phase der Frau zwischen 15 und 40 Jahren und immer unregelmäßiger auch darüber hinaus (bis zu 45 Jahren) in jedem Zyklus ein reifes Ei gebildet, welches nach dem Eisprung prinzipiell befruchtungsfähig ist. Der Hypothalamus als übergeordneter Teil des Gehirns steuert hierbei die regelrechte Ausschüttung der Geschlechtshormone wie FSH (Follikel-Stimulierendes-Hormon), welches die Follikelreifung (Eibläschenreifung) stimuliert, und des LH (Luteinisierendes Hormon), welches letztlich den Eisprung auslöst.
Das perfekte Zusammenspiel dieser Hormone wird unter anderem beeinflusst durch weitere Hormone, wie z. B. Prolaktin, Schilddrüsenhormone, männliche Hormone und Insulin. Abweichungen innerhalb dieses Systems können die regelrechte Entwicklung der Follikel stören.
Auch externe Faktoren, welche das hormonelle Gefüge verändern, wie Leistungssport und erheblicher psychischer Stress sowie Über-/ Untergewicht, Drogen-, Nikotin- und Alkoholabusus können eine Sterilität bedingen.
Hormonelle Störungen können nicht nur hinderlich sein beim Erlangen einer Schwangerschaft, sie können auch zu einer Fehlgeburt führen oder sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken.

Tubare Sterilität – Einschränkung der Eileiterfunktion

(Häufigkeit ca. 30-40 %)

Eine Verklebung, Verwachsung oder gar ein Verschluss der Eileiter kann dazu führen, dass eine Schwangerschaft ausbleibt. Auslöser dieser Problematik können vielfältig sein. Am häufigsten entsteht ein Eileiterschluss nach einer Infektion, z.B. mit Chlamydien, nach Voroperationen, bei Endometriose oder Myomen.
Auch wenn kein vollständiger Verschluss vorliegt, kann in Folge von Entzündungen der Eileiterschleimhaut dennoch der Transport der Eizelle von Eierstock zur Gebärmutter gestört sein. Entzündliche Vorgänge (Eierstockentzündungen oder auch eine Blinddarmentzündung) führen auch häufig zu lokalen Entzündungsreaktionen im Bauch, welche sich in der Bildung von Verwachsungen auswirken. Hierdurch können die Eileiter in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sein, die die Auffangfunktion der Eileiterenden behindern. Beim Eisprung muss die Eizelle vom Eileiterende aufgenommen werden, um dann  im Eileiter weiter transportiert zu werden, wo schließlich auch die Befruchtung stattfindet. Kommt es zur stärkeren Beeinträchtigung der Passage der Eizelle oder des frühen Embryos, kann es zur vorzeitigen Einnistung im Eileiter kommen, wodurch der potentiell lebensgefährliche Zustand einer Eileiterschwangerschaft eintritt.

Alter

Was viele nicht wissen oder nicht richtig wahrnehmen: Eine der wichtigsten Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch ist das fortgeschrittene Alter vor allem der Frau! Die Chance auf eine Schwangerschaft liegt bei einer 30jährigen Frau durchschnittlich bei 25% pro Monat, bei 35 Jahren noch bei ca. 12-15% pro Monat und bei einer 40jährigen Frau nur noch bei 1-4% pro Monat. Der Grund dafür liegt in der sinkenden Anzahl und Qualität der Eizellen, die immer häufiger genetische Fehler aufweisen und somit oft nicht mehr zum Eintritt einer gesunden Schwangerschaft führen können. Dieser Prozess beginnt mit ca. 30 Jahren und beschleunigt sich ab dem 35. Lebensjahr enorm. Aus dem gleichen Grund steigen auch die Fehlgeburtsraten mit zunehmendem Alter immer stärker an. Auch wenn Frauen heute mit 40 Jahren noch lange nicht „alt“ sind, sollten sie dennoch mit dem Kinderkriegen nicht allzu lange warten.

Uterine Sterilität – Ursachen der Gebärmutterhöhle

(Häufigkeit ca. 5 %)

Es gibt verschiedene Fehlbildungen der Gebärmutter, welche die Einnistung, oder aber die ungestörte Entwicklung eines Embryos stören können. Auch können Myome (gutartige Muskelwucherungen) je nach Größe, Wachstumsort (Gebärmutterhöhle, Gebärmutterwand, Gebärmutteroberfläche) die Fruchtbarkeit einschränken. Sogenannte Endometriumpolypen (lokale Schleimhautüberproduktion) ab einer Größe von ca. 10mm oder Verklebungen nach Entzündungen bzw. in Folge von Ausschabungen (auch Schwangerschaftsabbrüchen) können die Fruchtbarkeit einschränken.
Ein weiteres Problem ist die sich schlecht entwickelnde Gebärmutterschleimhaut ohne erkennbare Ursache.
Seit neustem werden auch eine Fehlbesiedelung der Gebärmutter mit pathologischen Keimen bzw. eine unterschwellige chronische Entzündung der Gebärmutterschleimhaut als Ursache für eine Sterilität diskutiert.
Auch eine Fehlverteilung der Milchsäurebakterien scheint eine wichtige Rolle zu spielen.

Zervikale Sterilität – Ursachen des Gebärmutterhalses

(Häufigkeit ca. 5 %)

Im Gebärmutterhals liegen schleimbildende Zellen, die rund um den Eisprung reichlich Schleim produzieren, welcher für den Aufstieg der Spermien in die Gebärmutterhöhle notwendig ist. Vorausgegangene Operationen (Konisation), Zervixrisse oder Entzündungen können die Schleimbildung beeinträchtigen und somit einen Sterilitätsfaktor darstellen. Auch bei Östrogenmangel wird der Zervixschleim negativ beeinflusst, so dass den Spermien der weitere Aufstieg von der Scheide in die Gebärmutter verwehrt bleiben kann.

Vaginal bedingte Sterilität

(selten)

Fehlbildungen oder Stenosen können verhindern, dass es zum Geschlechtsakt kommt. Entzündliche Vorgänge können eine Fehl- oder Frühgeburt begünstigen.

Immunologische Sterilität

(Häufigkeit unbekannt)

Obwohl anzunehmen ist, dass sich im Verlauf der Implantation verschiedene immunologische Faktoren eine Rolle spielen dürften, ist bis heute noch vollkommen unklar, welche immunologische „Abweichung“ behandlungsbedüftig und überhaupt „behandelbar“ ist. Über die Bedeutung von Spermaantikörpern und die mögliche “Abstoßungsreaktion” zwischen Samen- und Eizelle wird noch immer viel spekuliert. Die sich aus vermuteten immunologischen Ursachen ergebenden Therapien sind in ihrer Wirksamkeit zweifelhaft und umstritten.

Störung der Blutgerinnung

(Häufigkeit ca. 5 %)

Verschiedene angeborene Störungen der Blutgerinnung können sich, ohne dass sie irgendeinen erkennbaren Einfluss auf das tägliche Leben haben, negativ auf die Wahrscheinlichkeit auswirken, schwanger zu werden oder zu bleiben. Diese unter “Thrombophillie” zusammengefaßten Störungen sind teilweise durch Blutgerinnungshemmer erfolgreich zu behandeln.

Chromosomale Störungen

(Häufigkeit unter 5 %)

Angeborene Störungen, wie z. B. die nummerische Chromosomenaberration (Abweichung von der normalen Chromosomenzahl) in allen Zellen oder in einem Teil der Zellen des Körpers (Mosaikenbildung) können ebenfalls verhindern, dass es zu einer Schwangerschaft kommt. Sogenannte Translokationen können die Wahrscheinlichkeit von Aborten (Fehlgeburten) erhöhen.

Endometriose und Sterilität

Die Endometriose ist eine der häufigsten Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit bei jungen Frauen. Bei über 50 % der Frauen mit Fertilitätsproblemen findet sich bei der zur Abklärung durchgeführten Bauchspiegelung eine Endometriose.
Wie es zur Ausbildung der Endometriose kommt, ist noch nicht erschöpfend geklärt.
Durch Verklebungen, Verwachsungen und Eileiterverschlüssen kann es zu “mechanischen” Hindernissen kommen. Endometriose-Zysten in den Eierstöcken können zur Behinderung der Eizellreifung führen. Durch die Endometrioseläsionen kommt es zu einer andauernden Entzündungsreaktion im Bauchraum. Es wird diskutiert, dass dies die Reifung der Eizellen genauso stören kann wie die Spermienqualität oder auch die Einnistung einer befruchteten Eizelle.
Nicht immer muss sogleich eine IVF-Behandlung durchgeführt werden. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird Sie entsprechend dem Stadium Ihrer Erkrankung ausführlich beraten. Auch mit einer Endometriose sind Spontanschwangerschaften möglich. Wenn durch die Endometriose starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr entstehen, scheuen viele Paare den Geschlechtsverkehr oder schlafen gar nicht mehr miteinander.

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